Zu Besuch in St. Goar auf der Ratssitzung am 24.9.2019

© pixabay

Um eine Lektion in gelungener Sitzungsführung zu bekommen, lohnt es sich, einer Ratssitzung in St.Goar beizuwohnen. Als Gast im öffentlichen Teil. Eine Fragestunde vor der eigentlichen Sitzung, eine freundliche aber bestimmte und sehr sachliche und in der Sache ausgesprochen engagierte Moderation des Bürgermeisters sowie weitere Anfrage im Nachgang vor dem nichtöffentlichen Teil waren die Bestandteile dieser Sitzung. Ich sah interessierte Zuschauer und kooperative Ratsmitglieder, kurz: so sollte konstruktive Zusammenarbeit und Transparenz sein. Wenn es Fragen gab, wurden sie präzise und umfassend beantwortet, soweit es die Sachlage und Informationsstand hergab.

Die wichtigsten zwei Themen betrafen auch Oberwesel:

1 | Der Rat hat beschlossen,den Standort St.Goar für das Krankenhaus neu bewerten zu lassen.

Hintergrund dafür: der Bürgermeister will den Kampf um eine Grundversorgung im gesundheitlichen Bereich nicht aufgeben. Die Gesellschafterversammlung des Klinikbetreibers ist kurzfristig vor der Ratssitzung abgesagt worden. Ebenso ist die Mitarbeiterinformation entfallen. Da bereits die Angestellten im Laborbereich im Frühjahr gekündigt worden sind, ist die Möglichkeit einer Weiterentwicklung des Standorts Oberwesel und St.Goar  zu einer vollwertigen Krankenbehandlung mit Operationsmöglichkeit verhindert.

Laut Bürgermeister ist es schwierig an Information zu kommen, da alle, die in der Sache Krankenhaus involviert sind, inklusive der städtischen Vertreter, sich bedeckt halten würden. In diesem Zusammenhang hätte der Bürgermeister auch seinen Kollegen von Oberwesel befragt und auch nur vage Antworten bekommen.

Defacto sind die Gesellschafteranteile aber wie folgt: Stadt Oberwesel 25%, Stadt St.Goar 10% und die Verbandgemeinde St-Goar-Oberwesel weitere 10%. Das macht 45 % Gesamtanteil in der Betreibergesellschaft. Dieser durchaus allen bekannte Hintergrund ließ den Bürgermeister von St.Goar den Entschluss fassen, mehr Druck auszuüben, um vom Betreiber der Klinik die Auskunft zu bekommen, die dem Steuerzahler und den Beteiligten zusteht. So seine Meinung. Die CDU-Fraktion ging mit ihrem Antrag der Neubewertung mit, da sich ja offensichtlich die Bedingungen, unter denen die 22 Millionen für die Umgestaltung der Krankenhauslandschaft gebraucht werden sollten, geändert hätten. Da würde eine Neubewertung mit der Prämisse, den Standort zu erhalten, zu vertreten sein. Tatsache ist wohl  dass es bereits drei Bewertungen durch eine Firma gab, die nur die Verlegung der Orthopädie nach Oberwesel prüfen sollte. Mit der Verlegung der Orthopädie nach Oberwesel sollte der übrige Kranhausbetrieb in Oberwesel eingestellt werden, so der alte Plan seit 10 Jahren.

Zuschauer sagten mir hinterher, die länger in der Politik tätig waren, dass sie nie verstanden hätten, und auch ganz besonders das Personal der Kliniken nicht, warum die Vertreter der Stadt Oberwesel nie für den Erhalt des eigenen Krankenhausbetriebes gekämpft hätten.

2  | Immobiliensituation in St. Goar

Ein anderes wichtiges Thema war der Aufkauf günstigen Wohnraums durch private Investoren, die diesen günstigen Wohnraum in unmöglichen Zustand an Flüchtlinge, die anerkannt wurden und jetzt noch z.T. vom Arbeitsamt gestützt werden müssen, vermieten. Auch da fand ich das Engagement des Bürgermeister vorbildlich, weil er das Gespräch mit dem Vermieter gesucht hat, um ihn freundlich darauf anzusprechen,  dass diesen Menschen lebenswerter Wohnraum gegeben werden könnte, ohne dass deswegen das Eigentum Schaden nehmen müsste. Das sei immer das Argument dagegen, Wohnungen ernsthaft zu renovieren. Sie haben sich auf einen Modellversuch geeinigt. Denn,so der Bürgermeister: er hat sich jede einzelne Wohnung angesehen und kann sehr gut nachvollziehen, warum Mütter und Väter mit ihren Kindern sich so wenig wie möglich dort aufhalten würden. Niemand wollte in solchen Wohnungen leben. Die Anfrage des Bürgermeisters von St. Goar beim Bauamt in Oberwesel, inwiefern diese Gebäude, die St. Goar betrafen, überhaupt bewohnbar seien, blieb unbeantwortet. Da es sich hier um einen Vermieter handelt, der auch in Oberwesel, St.Goarshausen und Kaub solche Mietverhältnisse betreibt, stelle sich für ihn schon die Frage, wie Integration funktionieren sollte, wenn Privatwirtschaft vor sozialen Belangen gehen würde. Die Auswirkungen einer schief laufenden Integration würde am Ende die Gemeinde und das allgemeine Steuersäckel treffen.

Das waren für mich die wichtigsten Themen dieses öffentlichen Teils der Ratssitzung. Ein Eindruck ist auch: Opposition ist genauso gut und wichtig, wie der politisch stärker vertretene Teil eines Rates. Die Aufgabe ist eine gemeinsame. Dieser Bürgermeister bemüht sich ganz offensichtlich, alle an einen Tisch zu holen.

Margot Piel

Jahrgang 1959, zugereist, selbstständige Cutterin, liebt Natur und Kultur, lebenswerten Raum für Mensch und Tier.

Bildnachweis: Pixabay

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.