Die Republik ist schon lange bunter und vielfältiger in der Parteienlandschaft geworden (und leider auch etwas brauner). Jetzt sind wir die erste frische Farbe seit langem im Stadtrat Oberwesel und ziehen nach einem Jahr unsere Zwischenbilanz.
Frische Farbe braucht man immer dann, wenn die alte Farbe nicht mehr strahlt oder wenn die Geschmäcker sich geändert haben. Die Wähler in Oberwesel wollten frische Farbe und haben uns ein
starkes Mandat gegeben. Nach einem Jahr, über 80 wahrgenommenen Terminen, einigen Anträgen und ungezählten Stunden auf vielen Stühlen können wir etwas besser einschätzen, wie und wo
frische Farbe in Oberwesel gebraucht wird. Das gute ist: Nicht nur wir sind frisch im Stadtrat, auch die anderen Fraktionen haben sich teilweise stark verjüngt. Frische Farbe und aufgefrischte Farbe.
Frische Farbe verändert auch die Gewohnheiten. Man kann nicht mehr schnell um die Ecke rennen, sondern muss acht geben, dass man sich nicht die Hose ruiniert. Dem einen ist die neue Farbe zu
bunt, dem anderen nicht bunt genug, wieder andere fänden es besser, wenn nur eine kleinere Fläche gestrichen worden wäre, manche würden gerne alles überstreichen. Es hilft alles nix, die Wähler
haben gesprochen.
Der Mittelrhein hat seine Glanzzeiten noch vor sich und braucht dafür dringend frische Farbe. Der Tourismus hat sich verändert, die Digitalisierung bringt viele große Umwälzungen mit sich,
Basta-Politik funktioniert längst nicht mehr und alle stehen etwas schnaufend am Anfang der Trainingsbahn, um für die Buga fit zu werden. Wir nehmen diese Herausforderung an!
Wir sind angetreten, um Oberwesel, Dellhofen, Engehöll und Langscheid grüner und nachhaltiger zu machen. Die Klimakrise betrifft den ganzen Globus und braucht lokale Antworten. Der Wald
vertrocknet und muss neu gedacht werden. Dem Riesling wird es irgendwann zu warm hier, was werden die Weinberge dann hergeben? Wie kann hitzetaugliche Architektur mit dem Denkmalschutz
zusammen kommen? Die Themen sprangen uns quasi an.
Dies musste sich jedoch in unserem ersten Jahr im Stadtrat alles den Themen Krankenhausschließung und Corona unterordnen. Aus einer überparteilichen spontanen Bewegung gegen das Gebahren der Marienhaus GmbH wurde bald eine Diskussion darüber, wie lange diese Schließung eigentlich schon beschlossene Sache war und mit welchen Konzepten möglichst viel medizinische Versorgung in Oberwesel bleiben kann. Unsere Vorschläge zu einer überparteilichen Arbeitsgruppe zu den Krankenhäusern blieben unbeachtet. Unsere Forderungen, sich früh mit einem Plan B vom Gedanken an ein Krankenhaus zu lösen, ebenso. Es gab keine Routinen für einen Fall wie diesen, auch keine für die Kommunikation darüber. Die Oberweseler und die Mitarbeiter der Kliniken mussten ihr starkes und berechtigtes öffentliches Interesse an der Klinik mit Bruchstücken und Gemunkel befriedigen. Bis heute vermissen wir hier eine Rückschau über das Auftreten der Stadt und eine kritische Betrachtung der letzten Monate. Da ist viel Vertrauen verloren gegangen.
Schauen wir nach vorne. Wir wollen, dass Oberwesel grüner und nachhaltiger wird. Strom aus dem Rhein ist sehr naheliegend und könnte aus Oberwesel einen energieautarken Ort machen.
E-car-sharing ist für einen Ort, in dem Parkplätze ein rares Gut sind, eine sinnvolle Lösung, gerade für Wenigfahrer. Wir Grüne arbeiten daran, diese Ideen nach Oberwesel zu bringen.
Die Corona-Pandemie zeigt uns sehr deutlich, wie wichtig es ist, eine gute digitale Infrastruktur zu haben. Oberwesel ist hier noch nicht gut aufgestellt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Oberwesel
hier besser wird. Sowohl die Oberweseler haben heute andere Anforderungen an eine Verwaltung als auch die Gäste an einen touristischen Ort.
Keiner weiß, wie es mit Corona weiter geht. Je vielfältiger der Stadtrat in Oberwesel besetzt ist, desto größer sind seine Möglichkeiten. Je besser der Stadtrat sich über Lösungen verständigen kann, desto besser wird Oberwesel aufgestellt sein. Wir wünschen uns hier eine offenere Diskussionskultur, mehr Transparenz und eine bessere Bürgerbeteiligung.
Nach einem Jahr im Stadtrat können wir als Zwischenbilanz festhalten: Es macht uns großen Spaß, Oberwesel zu entwickeln. Es ist wie in der Kunst: Es ist schön, macht aber auch viel Arbeit. Und – mit
Blick auf die Krankenhausschließung und Corona – es kommt immer anders, als man denkt. Nach einem Jahr können wir sagen: Wir werden uns weiter stark dafür einsetzen, dass für Oberwesel
nachhaltige, transparente und gewinnbringende Entscheidungen getroffen werden. Wir sind gerne die frische Farbe im Stadtrat und bringen leuchtend grüne Ideen mit. Weiter gehts!