Seit der Schließung des Krankenhauses in Oberwesel und St. Goar im Jahr 2020 hat sich einiges getan. Einige Konzepte wurden im Krankenhaus entwickelt und teilweise in den Räten besprochen. Viele wurden wieder verworfen, teilweise recht plötzlich. Jetzt hat das Team um Jörg Mehr und Michael Brahm von der Krankenhaus St. Goar Oberwesel GmbH ein Konzept entwickelt, das die Zustimmung in den Räten fand – bei einigen Enthaltungen und auch Gegenstimmen.
Der Betrieb der Tagesklinik war bereits in eine Tochter-GmbH ausgelagert. Diese Tochtergesellschaft wird jetzt vollständig an den irischen Investor Centric Health verkauft. Centric Health betreibt in Irland und in den Niederlanden medizinische Versorgungszentren und möchte jetzt in den deutschen Gesundheitsmarkt eintreten. Centric Health gründet dazu mit fremdem Kapital eine deutsche Dependence, die die Geschäftsführung der Tagesklinik stellt. Mit diesem Schritt wird die vollständige Trennung zwischen den Kommunen und der Klinik vollzogen. Oberwesel schließt damit eine über 700-jährige Geschichte der kommunalen Krankenhäuser ab. Das Schicksal der Tagesklinik liegt jetzt vollständig in den Händen der neuen Eigentümer. Kein leichter Tag.
Eine Verbindung zwischen der neuen Tagesklinik und den Kommunen bleibt allerdings bestehen: Ein Beirat ist Bestandteil der Tagesklinik GmbH und berät diese in strategischen Fragen. Die Zustimmung dieses Beirats ist auch notwendig, um z.B. den Geschäftszweck oder den -Ort verändern oder die GmbH schließen zu können. Die Kommunen haben indirekt über diesen Beirat eine Verbindung in die neue Tagesklinik. Für diesen Beirat sind Jörg Mehr und Michael Brahm entsendet, ihnen kommt damit eine sehr hohe Verantwortung zu. Der gesamte Informationsfluss zwischen der neuen Tagesklinik und den kommunalen Gesellschaftern liegt in ihren Händen.
Wir, die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen Oberwesel, SPD Oberwesel und den Freien Wählern Oberwesel stimmen dem Verkauf der Tagesklinik GmbH an den irischen Investor insgesamt zu, auch wenn es innerhalb der Fraktionen Enthaltungen gab. Wir setzen alle Hoffnung in die Kompetenz von Jörg Mehr, dass das von ihm und Michael Brahm entwickelte Konzept erfolgreich sein wird. Das Konzept sieht vor, dass am Ende nicht nur eine funktionierende Tagesklinik in Betrieb ist, sondern auch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Momentan sind für ein solches MVZ noch keine Ärzte in Aussicht. Wir hoffen auch, dass die Einbindung der niedergelassenen Ärzt:innen in Oberwesel, St. Goar und Bacharach eine konstruktive Form findet.
Diese Entscheidung war keine einfache. Die Stimme der niedergelassenen Ärzte haben wir sehr deutlich gehört. Es galt, zwischen zwei Wegen abzuwägen: Sollen die Kommunen und der Kolping Förderverein weiterhin eine Tagesklinik betreiben, oder sollen sie die Tagesklinik in andere Hände geben. Es ist richtig, dass die Kommune sich in dem derzeitigen Gesundheitsmarkt von der Tagesklinik trennt, die als Fachklinik keine Basisversorgung bereithält. Zudem ist das jetzige Konstrukt mit einem Förderverein als Mehrheitsgesellschafter fragil und fachlich nicht tragfähig. Der Preis ist, dass wir mit dieser Entscheidung ein System unterstützen, bei dem die hausärztliche Versorgung in Investorenhand liegt. Das ist eine Kröte, die es für uns zu schlucken galt, denn u.a. in diesem Punkt sind wir absolut bei der Sorge der hiesigen Ärzt:innen. Gesundheitsversorgung gehört nicht in Investorenhand. Aber die Entscheidung hatte auf der anderen Seite 120 Arbeitsplätze in der Waagschale und eine erhaltenswerte Infrastruktur.
Wir haben eine möglichst gute Versorgung für die Region als Ziel. Die Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte und die Schwierigkeiten, junge Ärzte in ländliche Gegenden zu holen, zeigen den Handlungsbedarf. Wir waren bei der Konzeption dieses Verkaufs zwar nicht involviert, haben aber immer wieder Information und Transparenz eingefordert, zuletzt in einer gemeinsamen Vertragseinsicht des Verkaufsvertrags. Die Fraktionen stimmen daher dem Verkauf der Tagesklinik insgesamt zu. Jörg Mehr und Michael Brahm werden über den Beirat die kommunalen Gesellschafter informiert halten, sodass die weitere Entwicklung der Tagesklinik und des zukünftigen MVZ auch hoffentlich in den Räten verankert ist.
Wir wünschen den neuen Betreibern gutes Gelingen und hoffen sehr, dass dieses Konzept ein Beitrag ist, um die Daseinsfürsorge in Oberwesel und in der Umgebung stabil zu halten.
Die Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen Oberwesel, SPD Oberwesel, Freie Wähler Oberwesel