So wichtig die Anbindung über die Schiene für das Mittelrheintal ist – der Bahnlärm ist der Hemmschuh für Entwicklung. Darum luden die Bündnis 90 / Die Grünen vom Kreisverband Rhein-Hunsrück und die Oberweseler Grünen am 9.5. zu einer Ortsbegehung nach Oberwesel ein, um sich ein Bild machen zu können.
Jutta Blatzheim-Roegler, Landtagsabgeordnete der B’90/ Die Grünen für den Kreis, sowie Willi Pusch von der „Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn e.V.” aus Kamp-Bornhofen waren da, ebenso Harald Steppat, erster Vorsitzender der Bürgerinitiative Oberwesel 22 in Begleitung einiger Mitglieder sowie weitere Interessierte.
Um eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen, besichtigte die Gruppe die Stadtmauer Oberwesel. Auf Augenhöhe mit den Gleisen konnten sich alle ein Bild von den Auswirkungen machen, wenn jeden Tag über 300 Züge so nah an Wohnbebauung vorbei donnern. Erschütterungen, Risse in Gebäuden, Abrieb und nächtliche Geräuschspitzen von über 110 Dezibel beeinträchtigen nachweislich das Wohlbefinden vieler Anwohner. Harald Steppat von der BI Oberwesel 22 ergänzte, dass der Feinstaub, den die Bremsen der Bahnen produzieren in höchstem Maße gesundheitsschädlich ist, aber die Messungen hier noch ganz am Anfang stünden. Seine eigenen Messungen hätten Ergebnisse erbracht, neben denen Stuttgart wie ein Luftkurort wirkt.
Nach der Besichtigung vor Ort wurde die Diskussionsrunde im Ratskeller Oberwesel eröffnet. Willi Pusch umriss den dringenden Handlungsbedarf des Bundes, um die Euromagistrale von Rotterdam nach Genua vertragsgerecht vorhalten zu können. Alle beteiligten Länder haben ihren Teil des Vertrags erfüllt, nur Deutschland hängt um Jahrzehnte hinterher.
Jutta Blatzheim-Roegler verwies darauf, dass der Schlüssel für die Lösung dieser Probleme im Bundesverkehrsministerium liege und dort in den letzten Jahren zu wenig Entscheidungen für die Bahn getroffen und zu wenig Gelder für Modernisierungen zur Verfügung gestellt wurden: »Wir fordern seit vielen Jahren, mehr Mittel in Instandsetzung, Erhalt und Modernisierung zu stecken. Rheinland-Pfalz hat sich im Rahmen des „Beirats Leiseres Mittelrheintal“ zu Gunsten der Menschen im Mittelrheintal freiwillig mit Landesmitteln an Lärmschutzmaßnahmen beteiligt, eigentlich Aufgabe des Bundes.«, so Blatzheim-Roegler.
Pusch ergänzt: »Die Wirtschaft droht mittlerweile mit Konsequenzen wegen der schlechten Infrastruktur. Erste Unternehmen haben bereits den Standort verlegt.«. Steppat weist auf ein weiteres Problem hin, das oft im Dunkeln vorbeirauscht: »Die Bahn schickt jedes Jahr tausende von Gefahrguttransporten direkt an Wohnhäusern vorbei. Und das auf Strecken, die dafür nur bedingt geeignet sind. Es ist ein Wunder, dass bisher keine Katastrophe passiert ist.«
Abschließend bleibt der Konsens, dass der Handlungsbedarf beim Thema Bahn nicht nur hoch ist, sondern dort auch der Schlüssel für die Entwicklung des Mittelrheintals liegt. Dazu braucht es auf lange Sicht eine echte Wende in der Verkehrspolitik und eine echte Entlastung der Mittelrheinstrecke vom Güterverkehr.
Akut brauchen die Anwohner jedoch jede Maßnahme, die hilft, um den Geräuscheintrag zu senken und die Sicherheit zu erhöhen. Blatzheim-Roegler brachte es auf den Punkt: »Neben der Machbarkeitsstudie für eine Alternativtrasse müssen weitere Maßnahmen umgesetzt werden, die den Menschen zeitnah Sicherheit und Ruhe bringen. Bauliche Lärmschutzmaßnahmen sind das eine, aber es müssen auch Geschwindigkeitsbegrenzungen und Nachtfahrverbote ins Auge gefasst werden. Die Gesundheit der Menschen im Mittelrheintal muss Priorität haben.“
Die GRÜNEN fordern darüber hinaus eine Gesetzgebung, die alle Lärmquellen einschließt und Lärmspitzenpegel berücksichtigt sowie strengere Grenzwerte im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsbehörde WHO. Stephanie Schumacher, Anwohnerin aus Oberwesel mit Gleisblick, stimmt zu: »Der Güterverkehr hat massiv zugenommen. Wir zahlen den Preis dafür und brauchen eine schnelle Lösung!«